Eine satirische Reise durch den Schultag einer Schülerin…

Meine Augen werden schwerer und mein Kopf legt sich routiniert auf meine vor mir verschränkten Arme. Dumpf dringen irgendwelche mathematischen Formeln zu mir vor, bis ich sie letztlich nicht mehr wahrnehme.

Meine Gedanken fangen an zu kreisen.

Gedanken über eine ganz besondere Spezies. Die Spezies der Lehrer.

Einer rennt auch schon hektisch über den wie leergefegten Flur.

Haare in allen Richtungen, Arbeitsblätter auf den Boden segelnd und die Hälfte seiner Bücher hat er auch vergessen. Unnötig zu erwähnen, dass die Stunde bereits angefangen hat. Hierbei handelt es sich natürlich um den so genannten Chaoten oder auch den „verplanten“ Lehrer.

Bei den Schülern recht beliebt, da stets zu spät und Materialien sowieso auf seinem unorganisiertem Schreibtisch, wenn er überhaupt einen hat, vergessen.

 

Kommen wir zur nächsten Art: Dem Strengen.

Das ist auch ein ganz besonderes Prachtexemplar.

Ein gesprochenes Wort zum Nachbarn? Du darfst anschließend mit Sicherheit dem Flur Gesellschaft leisten.

Ein plötzlich auftretendes Bedürfnis zu lachen? Hat ziemlich wahrscheinlich Nachsitzen zur Folge.

Und ein spontaner Blick aufs Handy? Lass es! Es bringt nichts!

Denn der Strenge hat bedauerlicherweise überdurchschnittlich gute Augen.

Man muss bei einer Klausur nur den Blick heben und hat anscheinend bereits eine ganze Aufgabe übernommen.

 

Dann gibt es noch den Übermotivierten.

Diese Art ist schwierig und häufig nicht im Lehrerranking weit oben angesiedelt.

Charakteristisch ist sein „Komm-wir-werfen-uns-Bälle-hin-und-her-und-sagen-unsere-Namen-weil-das-so-Spaß-macht-und-ich-das-im-Pädagogikkurs-gelernt-habe-und-es-ist-auch-egal-dass-ihr-schon-in-der-Oberstufe-seid“.

Der Übermotivierte ist mit so viel Elan bei der Sache, dass es gruselig wird. Er ist stets auf alle Eventualitäten vorbereitet.

 

Dann haben noch wir den Choleriker zu bieten. Der, wenn man das so sagen darf, keine einzige Tasse mehr im Schrank und auch keine Latte mehr am Zaun hat.

Er fährt überdurchschnittlich schnell aus der Haut, jede noch so kleine Kleinigkeit bringt ihn zum Kochen, und sei es nur ein lautes Lachen auf dem Gang.

Wenn er sich aber in Rage geschrien und gefuchtelt hat, wird es ernsthaft gefährlich. Dann ist nämlich nichts und niemand mehr vor seiner Wut sicher. Nicht selten fliegt dann auch mal Kreide durch die Gegend und noch weniger selten werden Türen geknallt. Nimmt er dann wutschnaubend seine Sachen und rauscht, bevor er sie theatralisch zu knallt, die Tür heraus, ist das Gröbste überstanden.

 

Schnell zur nächsten Spezies. Der „Immer-Vom-Thema-Abschweifer“ hat nämlich Redebedarf. Von der Genetik zur liebsten Freizeitbeschäftigung, von der Gedichtinterpretationen zur eigenen Schullaufbahn und von den Binomischen Formeln zum letzten Italienurlaub, wo das Wetter ja so gut und das Eis so lecker war. Wie wir da gelandet sind? Kann ich mir beim besten Willen nicht erklären, das weiß er wahrscheinlich selbst nicht ganz so genau. Was soll ich sagen, unsere alltäglichen Ausflüge in sein Leben, seine Interessen, seine Vergangenheit sind zwar nicht sonderlich interessant, aber dann wird kein Unterricht gemacht, und da ist man nicht abgeneigt. Also lassen wir ihn weiter reden und nehmen uns den nächsten Lehrer vor.

 

Der „Routinierte“ ist der Nächste. Meist ist ein gewisses Alter bereits erreicht.

Aber er ist meist entspannt, da er bereits seit Jahren immer das Gleiche macht und den stets wechselnden Schülern Zettel von vor 20 Jahren gibt. Diese müssen dann, wie schon etliche Male zuvor, bearbeitet werden.

Böse Zungen mögen vielleicht behaupten er wäre einfallslos und gelangweilt.

Gut, dass kann ich jetzt nicht unbedingt beurteilen, aber ich finde er ist ziemlich clever. Immerhin macht er sich einen entspannten Tag. Ob das nun auf Dauer Spaß macht, sei dahin gestellt. Aber wem es gefällt, hat viel richtig gemacht.

 

 

Wer kommt denn da den Gang entlang geschlendert?

„Swag“ auf dem Sweater und Sonnenbrille auf der Nase.

„ Yo, was geht?“ wirft er gelassen einer kichernden Schülermenge entgegen und geht selbstbewusst weiter. Entgeistert gucke ich ihm hinterher und blicke direkt auf eine tief sitzende Hose und auf einen Skaterrucksack.

Auch ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen. Wie auch?

Entweder ist er noch mehr Schüler als Lehrer oder er kann einfach nicht älter werden.

Ersteres hat doch einige Vorteile, aber Letzteres ist meist einfach nur lächerlich.

Da bekommt Fremdschämen ganz neue Dimensionen.

Ein lautes Klingeln reißt mich ruckartig aus meinen Gedanken.

Ich öffne meine Augen einen Spalt und sehe Hektik um mich herum.

Rechts neben mir werden eilig die Sachen eingepackt und links neben mir werden die ersten Rucksäcke geschultert. Ein Lächeln verirrt sich auf meinem schläfrigen Gesicht. „Endlich“, denke ich und richte mich auf. Ein genüssliches Räkeln kann ich mir gerade noch verkneifen.

Da unterbricht plötzlich eine laute, recht schadenfrohe Stimme das rege Treiben.

„Alle wieder hinsetzen! ICH beende den Unterricht.“

Anmerkung: Das ist eine überspitze Darstellung mit der ich niemanden persönlich ansprechen oder zu nahe treten möchte.

 

Rebecca Schildt (Q1g), 22.04.2015