Die unbewusste Falle

WhatsApp Nachrichten im Sekundentakt, jemand hat dein Bild geliked und auf Twitter haben irgendwelche Z-Promis öffentlichen Zoff. Wir alle kennen das: Das Smartphone leuchtet auf und wir wollen nur diese eine Nachricht lesen, doch dann finden wir uns zwei Stunden später wieder, wie wir uns das dritte Tutorial für die perfekten Schokomuffins auf YouTube ansehen und uns fragen, was wir ursprünglich überhaupt tun wollten. Das Handy fesselt uns immer wieder mit all seinen Möglichkeiten und oftmals ist uns gar nicht bewusst, wie oft wir wirklich auf den Bildschirm schauen. Natürlich haben wir schon oft Dokumentationen oder Berichte von all den scheinbar technikfeindlichen alten Wissenschaftlern gesehen und können die ganzen Warnungen davor, wie gefährlich Smartphonesucht ist, schon nicht mehr hören. Niemand fühlt sich angesprochen, und jeder ist sich sicher, dass er seinen Medienkonsum komplett im Griff hat. Jedoch sei gesagt: man muss nicht gleich süchtig sein, um trotzdem tagtäglich unbewusst von seinem Handy beeinflusst zu werden.

Konzentration braucht Zeit

Egal was wir tun: Ob wir gerade lernen, arbeiten, oder das Wohnzimmer staubsaugen, das Handy ist eine ständige Ablenkung und sobald wir uns hinreißen lassen, etwas nachzuschauen, müssen wir, wenn wir zur ursprünglichen Tätigkeit zurückkehren, erst einmal überlegen, wo wir aufgehört haben, um dort weiterzumachen. Danach sind wir unkonzentriert und unsere Produktivität ist stark eingeschränkt. Doch warum ist das so? Der Psychologe Mihály CsÍkszentmihály hat beobachtet, dass es einen optimalen Zustand für das erzielen guter Leistungen gibt. Einen Zustand der Tiefenkonzentration, den er ,,Flow“ nennt. Er beschreibt dass wir, wenn wir uns auf das was wir tun konzentrieren, in einen Arbeits- und Tätigkeitsrausch verfallen können, in welchem unser Gehirn seine volle Leistung entfaltet und wir zu Höchstleistungen fähig sind, weil wir komplett in unserer Tätigkeit aufgehen. Doch es gibt einen Knackpunkt: Wir müssen uns mindestens fünfzehn Minuten am

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 Handynutzung stört den Flow beim Arbeiten und zerstört die Produktivität

Stück auf eine Sache konzentrieren, um in den Tunnelblickmodus des ,,Flows“ verfallen zu können. Wenn wir also von jemandem den Satz hören: ,,Jetzt hast du mich aus dem Konzept gebracht“ ist das keineswegs eine Floskel. Auch wenn die Person es selbst nicht weiß: Sie wurde aus dem ,,Flow“ gerissen und braucht nun erneut mindestens fünfzehn Minuten, um sich wieder vollständig konzentrieren zu können. Das Gleiche passiert eben auch genau dann, wenn wir uns von unserem Smartphone ablenken lassen. Wir verlieren nicht nur dreißig Sekunden, um eine Nachricht zu lesen, sondern eben eine ganze Viertelstunde, bevor wir wieder ganz bei der Sache sind. Und das jedes Mal, wenn wieder eine neue Info auf dem Display wartet.

Absichtliches Ködern von Nutzern

Doch das Internet macht es uns auch nicht gerade leicht, sich nicht ständig ablenken zu lassen. Im Gegenteil: Es versucht sogar, uns mit willkürlichen Belohnungen (random rewards) zu ködern. Dieses Konzept kann man auf natürliche Instinkte zurückführen: Belohnungen des Stammes beispielsweise, wären in der Form des Internets die soziale Bestätigung, die man durch Likes und Kommentare bekommt, wenn man etwas gepostet hat. Währenddessen wird der Jagdinstinkt durch die neusten Schnäppchenangebote gefüttert. Wir wollen unbedingt wissen, ob diesmal etwas dabei ist, was uns gefällt. Dafür gibt es schließlich keine Garantie. Wir sind dazu veranlasst, uns die Angebote immer wieder anzusehen. Und für jeden, der gerne CandyCrush spielt, ist jetzt der Zeitpunkt sich selbst zu durchschauen: Dieses und andere ähnlich simple Spiele geben uns schnell das Gefühl, die Kontrolle über etwas zu haben und sind somit ,,Belohnungen des Selbst“, welche uns ebenfalls zusätzliche Zeit am Smartphone kosten.

Und jetzt?

Aufgrund der Nachteile falscher Handynutzung ist es vielleicht doch sinnvoller als gedacht, einmal intensiv auf die Häufigkeit der eigenen Nutzung zu achten. Wer versteht, wie er durch das Internet teilweise an der Nase herumgeführt wird, kann dagegen wirken und seine Zeit sinnvoller nutzen, anstatt sich vom Handy die Konzentration rauben zu lassen. Und wenn die Versuchung doch zu groß ist und man einfach nicht die Finger vom Display lassen kann, dann vielleicht einfach mal das Gerät auf stumm stellen, oder zumindest den Flugmodus einschalten, solange man etwas anderes zu tun hat. Bei Apple Geräten besteht zudem die Möglichkeit, die Nutzungszeit in den Einstellungen anzeigen zu lassen. Für Android gibt es diverse Apps, welche dieselbe Funktion bieten. Schließlich kann es sinnvoll sein, sich bestimmte Handyruhezeiten („ich mache das Handy aus, wenn ich Hausaufgaben mache, wenn ich ein Buch lese usw.) und konkrete Handynutzungszeiten (z.B.: „ich schaue meine Whatsapp-Nachrichten immer nach dem Frühstück, nach dem Mittagessen und vor dem Abendbrot an…) vorzugeben.

So an die sprichwörtliche Leine genommen kann man weiterhin alle Vorteile des Smartphones sorgenfrei nutzen, ohne dabei produktive Arbeitsprozesse zu stören oder die geistige Erholung durch das Dauer-Erreichbarsein zu sabotieren.

Anja Stahnke (9a), 02.10.2017