von Ole Lehsten & Rebecca Schildt (Q1g), 29.01.2015

„Ringelinigeling“ macht es und ich greife routiniert in meine Hosentasche. Schnell habe ich das Objekt der Begierde gefunden und weiß, dank Instagram, was lifestylezoe95 heute Mittag gegessen hat. Einen schön arrangierten, perfekt ausgeleuchteten Avocadosalat, dazu einen feinperligen Pfirsicheistee. Screenshot.

Kurz darauf will Snapchat meine Aufmerksamkeit, bigbootymichelle hat das dringende Bedürfnis, mir ihre gespitzten Lippen zu präsentieren. Sie hat das sogenannte, allseits gefürchtete „Duckface“ aufgelegt. Die geballte Attraktivität lässt mich schnell schlecht fühlen und ich suche Bestätigung bei meinen 3585878 wahren Facebookfreunden. Auf die kann ich mich nämlich immer verlassen. Zugegeben, die gephotoshoppten Profilbilder, natürlich „no Make-Up“, ließen mich nur bedingt besser fühlen. Aber dann hellt sich meine Laune auf; ich scrolle mich durch meine Startseite, die voll ist mit frierenden Menschen, die sich Wasser über den Kopfkippen ( Stichwort: Ice Bucket Challeange ), voll mit intemettypischen Katzenbaby- und auch Failvideos, die wie immer zahlreich vertreten sind.

Planlos und mit müden Augen dringe ich immer weiter in den Cyberdschungel ein. Wer war nochmal Tarzan?

Ein altbekanntes und liebgewonnenes „Pling“ reißt mich ruckartig aus meinen Gedanken voller Gesichtskirmes und Foodpom. Schon erscheint die kleine rote Eins unten rechts.

Jeder, wirklich jeder, weiß, was das zu bedeuten hat: Post ist da!

„Hiiiii, wg“ wollte Madame Schnuffelfeeunterstrichunten27 wissen.

Ich weiß nicht, warum mir das Lied „ Schrei nach Liebe“ von den Ärzten in den doch recht angeschlagenen Sinn kommt: „Du bist wirklich saudumm, dämm geht’s dir gut. Du hast nie gelernt dich zu artikulieren…“ Ich kann mir meinen Gedankenblitz nicht erklären.

„Gud“, ist meine Antwort. Keine Angst, die neue deutsche Rechtschreibung ist mir größtenteils ein Begriff. Das heißt Gut Und Dir und gehört zum lxl der Verständigung im Internet. Zu finden im Kapitel 2, Paragraf 1.

Genau unter „bb“. Bei den einen steht die Abkürzung für Bye Bye, bei den anderen für irgendeine Gesichtspflegecreme. Ich zähle mich, Überraschung(!), zur ersten Fraktion, denn etwas für die Schönheit brauche ich, Gott sei Dank, nicht. Ich geh ja eh nur für das Nötigste vor die Tür und Skype verschleiert mein Gesicht, dank geringer Pixel, zum Glück auch immer. Lucky Life. Life Goals, was auch immer. Kurz darauf meldet sich Madame wieder zu Wort: „wmds??? ;)“ Im Emst? Satzzeichen sind keine Rudeltiere.

Und nebenbei noch schnell eine kurze Zwischenmeldung von der MS Niveau: Wir sinken!!! Kurz darauf erscheint ein „bb“ meinerseits auf ihrem MacBook von Apfel, selbstverständlich. Ich habe scheinbar verpasst, dass aus eigentlich verschontgebliebenen Obst Markennamen wurden. Handy? Apfel. Laptop? Apfel. Ipod? Apfel. Und die gute alte Armbanduhr? Apfel, natürlich. Was wären wir bloß ohne Jobs? Arbeitslos und smartphonelos.

Kurz, wir wären verloren. Zufällig wandert mein Blick oben rechts in die Ecke.

Da fängt mein Herz auf einmal an zu rasen. Panik steigt in mir auf, mein Körper zittert und mein Puls beschleunigt bedrohlich. „ Beruhige dich“, rede ich mir gut zu. Aussichtslos bei nur noch 1 % Akku. Etwas Schlimmeres hätte mir wirklich nicht passieren können. Ich überlege fieberhaft was ich machen soll.

  1. Panikselfie machen und die rege Anteilnahme und das Mitgefühl genießen.
  2. Google nach einer Lösung fragen
  3. Schreiend auf die Suche nach einem Ladekabel machen.

Den Tipp habe ich bei nächtlichen Intemetstreifzügen auf „Unbeschwerter-Durch-Das-Leben- Gehen.de“ gefunden. Triumphierend blickt mich mein immer dunkler werdender Glotzkasten an. Jetzt zählt jede Sekunde. Blitzschnell zoome ich mich zur Nabelschnur meines elektronischen Babys. Kampf gewonnen würde ich mal sagen. Wer guckt jetzt triumphierend?! Mit einem guten Nokia 5110 wäre mir das sicherlich nicht passiert, aktualisiere ich meine Gedanken.

#MutZumAltenKnochen